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Schraubertipp: Trommelbremsen beim Lkw neu belegen ... ganz schön tricky!

Wer einen Lkw als Wohnmobil pilotiert, der mit Trommelbremsen ausgestattet ist, der sollte sich das nachfolgende Video ganz genau anschauen oder auf dieser Website runterscrollen, um im Schnelldurchlauf die Bremsen-Problematik zu erfassen. 

Ich hatte vor, die Bremsbeläge bei unserem Sternchen zu tauschen, so wie ich das im Jahr 2013 schon bei unserem 914er Mercedes gemacht habe. Allerdings habe ich mir das ein bisschen zu einfach vorgestellt: Ich wollte zu Bremsen-Schöbel nach Nürnberg fahren, alle vier Räder und die Bremstrommeln abnehmen, die Bremsbeläge bei Schöbel erneuern lassen und am nächsten Tag mit neuen Belägen wieder heimfahren. 

Im Telefonat mit Daniel Circu, Prokurist bei Bremsen-Schöbel, hat der mich leider wieder auf den Boden der Tatsachen geholt und mir erläutert, warum das so einfach nicht geht. 

Im Video Teil 1 erfährst Du, was beim Erneuern von Trommelbremsbelägen alles zu beachten ist. 
Wer die Thematik in ihrer Kurzversion verstehen will, scrollt einfach hier weiter nach unten. 

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Wo liegt das Problem? Daniel erläutert mir am Telefon, dass es viel zu viele unterschiedliche Bremsbeläge gibt und dass es im Extremfall bis zu 6 Wochen dauern kann, bis Schöbel die Bremsbeläge beschaffen kann. Deshalb ist klar, dass es mit hinfahren, Räder abnehmen und Beläge tauschen lassen nicht getan ist. Denn wenn es blöd läuft, steht das Auto 6 Wochen auf Böcken - und das definitiv nicht auf dem Hof von Bremsen-Schöbel. 


Aber der Reihe nach. In unserem Telefonat erläutert mir Daniel, den ersten Teil der Problematik, nämlich dass ...

1. ... Schöbel die Beläge mit ziemlich großer Sicherheit nicht auf Lager liegen hat. Und das, obwohl im Lager Tausende von Belägen liegen. 

Bremsbeläge ohne Ende - aber leider nicht die Richtigen. 

2. ... die Bremstrommeln inspiziert und vermessen werden sollten, damit man im Falle eines Falles ...

Die Bremstrommeln sollten vermessen werden. 

3. ... die Trommeln ausdrehen lassen kann, falls sie tiefe Riefen aufweisen oder sogar unrund sein sollten. 

Ich habe Glück: bei meiner Ankunft bei Bremsen-Schöbel wird gerade eine Bremstrommel ausgedreht.
 

4. ... beim Öffnen der Bremsen durchaus noch weitere Problemfelder auftauchen können, deren Behebung ebenfalls Zeit für die Lieferung oder Instandsetzung der Teile in Anspruch nehmen kann. 

Nach dem Abnehmen der Bremstrommel liegt die Bremse frei. Hier sieht man den Radbremszylinder und die Bremsbacken mit den Belägen. 


Was lernen wird daraus? Das Thema Trommelbremsen ist nicht ganz so trivial, wie es den Anschein hat und jeder, der auf große Tour gehen will, sollte ...

a) ... seine Trommelbremsbeläge prüfen und ggf. vorzeitig ersetzen, bevor ihn unterwegs dieses Ungemach ereilt, oder ...

b) ... man sollte einen Satz Bremsbeläge mit den passenden Nieten dabei haben, damit ein Tausch der Bremsbeläge im fernen Irgendwo nicht im Desaster endet. 


Da ich sowieso im Raum Nürnberg zu tun hatte, habe ich Bremsen-Schöbel einen Besuch abgestattet und Daniel hat mir in einer Betriebsführung alle Schritte des Belagwechsels und des Bremstrommel-Ausdrehens erläutert. Ich habe das Ganze mit der Videokamera begleitet, um meinen Lesern die Trommelbrems-Problematik zu erläutern. 

Daniel Circu von der Fa. Bremsen-Schöbel in Nürnberg erklärt mir alle Schritte, die beim Wechseln der Bremsbeläge erforderlich sind. 

 

Zunächst gilt es, nach dem Abnehmen der Bremstrommeln, die Trommeln zu prüfen und zu vermessen bzw. vermessen zu lassen. Denn wer hat schon eine Schieblehre für Innendurchmesser von 360 mm und mehr? Das Messen an unterschiedlichen Stellen an der Trommel stellt sicher, dass die Trommel nicht unrund ist, wobei man das schon beim Fahren bemerkt hätte, wenn die Bremse rubbelt und unrund bremst. 

Glücklicherweise hat mein Schraubkumpel Harry eine große Schieblehre, mit der wir meine Bremstommeln vermessen können. Zu meiner Freude weisen alle vier Trommeln das gleich Maß auf und zeigen weder Riefen noch sonstige Verschleißerscheinungen. 

Bremsen-Schöbel braucht das Maß der Bremstrommeln pro Achse, um zu wissen, ob die Originalbeläge oder Übermaß 1 oder Übermaß 2 bestellt werden muss. Falls die Trommeln ausgedreht werden müssen, was man aufgrund der Transportkosten wohl eher vor Ort als bei Schöbel machen lassen sollte, dann ist mit Bremsen-Schöbel das Maß abzustimmen, bis zu dem die Bremstrommeln ausgedreht werden, damit die passenden Übermaß-Beläge bestellt werden können. Die braucht es, damit der Radius der Bremsbeläge wieder zum neuen Radius der ausgedrehten Bremstrommeln passt. Bremsen Schöbel empfiehlt bei schon leicht verschlissenen Bremsen, die Trommeln einer Achse ganz leicht auszudrehen, um den Belag aufzurauhen und in beiden Trommeln wieder identische Laufflächen zu schaffen. Denn wenn die Bremsen bei ber TÜV-Prüfung stark unterschiedlich ziehen, dann kann das zur Verweigerung des TÜV-Stempels führen. 

Allerdings macht mir Harry klar, dass ein Wechsel der Bremsbeläge angesichts der noch üppig vorhandenen Belagstärke von knapp 7 mm an der dicksten Stelle einen Belagwechsel zum aktuellen Zeitpunkt überflüssig ist. Die Beläge kann ich locker noch 20 - 30.000 Kilometer fahren. 

Meine Bremsbeläge sind konisch. An der dicksten Stelle weisen sie noch knapp 7 mm Belagstärke auf.


Ich hatte beim Prüfen der Bremsbeläge die beiden Sichtfenster auf der Rückseite der Bremstrommeln geöffnet und mit der Taschenlampe beim Reinleuchten deutliche Unterschiede bei der Belagstärke festgestellt. Nach meinem Besuch bei Bremsen-Schöbel ist mir klar, warum. Denn meine Bremsbeläge sind - wie so viele Lkw-Bremsbeläge - konisch. Sie weisen an der unteren Seite eine wesentlich geringere Belagstärke auf, als an der gegenüberliegenden Seite.

Bei der Sichtfensterprüfung sollte man berücksichtigen, dass es um konische Bremsbeläge handeln kann. 

Das liegt daran, dass in der Trommel nur ein Radbremszylinder verbaut ist, der die Bremsbacken oben spreizt. An der Unterseite sitzt der Backen auf einer Achse, kann sich also in dem Maße mitdrehen, wie die Backen an der Oberseite vom Radbremszylinder auseinandergespreizt werden. Also liegt die Hauptbremslast auf der oberen Seite der Bremsbacken, wo die mit knapp 7 mm Belagstärke bis zur Niete deutlich dicker sind, als an der Unterseite. Ich hatte mich also durch die dünnen Beläge an der Unterseite ins "Bockshorn" jagen lassen und bin davon ausgegangen, dass die Bremsbeläge schon heruntergebremst seien. 

Bei meiner Ankunft bei Bremsen-Schöbel wird gerade eine unrunde Bremstrommel ausgedreht. So kann ich diesen Vorgang auch gleich filmen. Daniel erläutert mir, dass das Ausdrehen einer LkW-Bremstrommel durchaus schon mal eine Stunde und mehr dauern kann. Und er schiebt gleich ermahnend hinterher, dass die Trommeln einer Achse immer gleich ausgedreht werden müssen. Also nicht nur die Trommel, die vielleicht Riefen hat, weil man die Beläge zu weit heruntergebremst hat, sondern auch die andere Seite der Achse muss neu gemacht werden. 

Das Ausdrehen der Bremstrommeln kann ein langwieriger Prozess sein. 

 

Dabei verrechnet Bremsen-Schöbel für das Ausdrehen lediglich rund 60 bis 80 Euro pro Trommel, weil nach Aufwand berechnet würde das Ganze zu teuer werden. Auch sollte man das Ausdrehen nur dann in Erwägung ziehen, wenn die Bremstrommel nicht mehr erhältlich ist. Bei unserem Mercedes 917 kostet eine neue Bremstrommel brutto ca. 220 Euro. Also deutlich teurer als das Ausdrehen, aber dafür sind die Trommeln dann auch flammneu. 

Die Bremsbacken müssen also mit den alten Belägen zu Bremsen-Schöbel geschickt werden. Dort werden die alten Bremsbeläge von den Bremsbacken gemeißelt und letzte Reste auf der Schleifmaschine entfernt.

Abschleifen der Bremsbacken. 

 

Etwaige Roststellen werden mit der Flex gesäubert.

 

Falls die Bremsbeläge nicht konisch sind und Bremsen-Schöbel das Grundmaterial als Rollenware vorliegen hat, werden die neuen Bremsbeläge entsprechend der Länge der Bremsbacken zugeschnitten. 

Bremsbeläge als Rollenware


Ablängen der Rollenware


Fertig für die weitere Bearbeitung


Bremsbeläge auf Soll-Breite zuschneiden

 

Falls die Bremsbeläge nicht nur geklebt, sondern auch vernietet werden - vorzugsweise bei Lkws - müssen die Bremsbeläge mit dem entsprechenden Lochbild der Bremsbacken versehen werden. Jedes Lochbild hat eine Nummer und bei Bremsenschöbel lagern hunderte von Bohrschablonen für die unterschiedlichsten Lochmuster. 

Bohrschablonen für Bremsbeläge. Hunderte von Lochbildern sind auf dem Markt. 


Hier erhalten die Bremsbeläge das den Bremsbacken entsprechende Lochmuster ...


... und die Löcher müssen noch angesenkt werden.  

 

Danach geht es für die Bremsbacken in die Sandstrahlmaschine. Sie werden Korunt-Granulat gestrahlt, damit die Oberfläche aufgerauht wird, damit der Kleber besser hält. Denn die Beläge werden nicht nur aufgenietet, sondern auch aufgeklebt. 

In der Sandstrahlmaschine wird die Oberfläche der Bremsbacken aufgerauht, damit der Klebstoff besser hält. 


Gestrahlt wird mit Korunt-Granulat


Die Sandstrahl-Maschine hat auch schon ein paar Lenze auf dem Buckel. 

Baujahr 1953


Schöne, rauhe Oberfläche nach dem Korunt-Strahlen


Die Bremsbacken kommen in ein Tauchbad, um sie für den Kleberauftrag vorzubereiten. 


Dann wird der Klebstoff mit dem Pinsel aufgetragen. 


Bremsbacken und Beläge kurz bevor es in den Backofen geht. Hier sieht man übrigens, dass manche Beläge - vorzugsweise für Pkws - gar nicht mehr genietet sondern nur noch geklebt werden. 


In einem Härteofen werden die Bremsbacken mit den neuen Belägen auf die dem Kleber entsprechende Temperatur erhitzt, damit dieser aushärtet. 

 
Als letzter Arbeitsgang gehen die Bremsbeläge durch die Qualitätskontrolle, Kleberreste werden entfernt und dann kommen sie in den Versand zum Kunden. 

Im nächsten Video geht es dann um die Radbremszylinder, worauf hier zu achten ist, wie man sie prüfen kann und welche Teile unbedingt ausgewechselt werden sollten, wenn man die Bremse schon offen hat. 

Radbremszylinder mit Spreizkolben, so wie sie auch in unserem Mercedes 917 verbaut sind. 




Hier geht's zur Website von Bremsen-Schöbel

 

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